
Die Nachfrage nach Kursen zur Selbstverteidigung erlebte in den letzten Monaten einen sprunghaften Anstieg. Offensichtlich hat das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung einen schweren Dämpfer erllitten. Über die Gründe zu spekulieren wäre müßig, außerdem könnten die Antworten Teile der Bevölkerung verunsichern. Dieser Beitrag soll das Thema Kampfsport einmal näher unter die Lupe nehmen. Welche Kampfsportarten sind eher weniger geeignet um im Straßenkampf bestehen zu können, welche eignen sich besser?
Das Bild des Kampfsportlers
Unser Bild des Martial-Art Kämpfers ist geprägt durch die Filmindustrie und die Populärkultur. Filmstars wie Bruce Lee, Jackie Chan und Steven Seagal stehen stellvertretend für das Bild des modernen Kämpfers. Allerdings verbindet alle drei Schauspieler die Tatsache, dass keiner von ihnen jemals an einem Turnier teilgenommen hat. Nicht ganz richtig. Bruce Lee gewann 1958 die Cha-Cha Meisterschaften in Hongkong. Der sehr sympathische Jackie Chan wurde an der Peking Oper ausgebildet, was eher einer Tanz- und Theaterausbildung gleich kommt denn der eines Kampfsportlers. Die echten Kampfsportlegenden wie Frank Dux, Fedor Emelianenko, Ernesto Hoost oder die brasilianische Gracie-Familie sind dem breiten Publikum eher unbekannt.
Zunächst einmal muss klar zwischen Kampfsport und Kampfkunst unterschieden werden. Viele asiatischen Kampfkünste dienen eher der psychischen Ausgeglichenheit denn der effektiven Verbesserung der eigenen Selbstverteidigungsmöglichkeiten. Ein älterer Sensei mit dem 10ten Dan in Aikido, der sich noch nie außerhalb seines Kampfkunstuniversums behaupten musste, ist als Lehrer eher ungeeignet. Der Straßenkampf funktioniert schnell und brutal wobei dem Überraschungsmoment eine entscheidende Bedeutung zu kommt. Bei der Wahl der Selbstverteidigungsform sollte man dies berücksichtigen.
Kampfsport und Militär
Am effektivsten für den Bereich der Selbstverteidigung sind militärische Kampfsportarten, namentlich Krav Maga und Combat Sambo. Allgemein handelt es sich um Verteidigungssysteme, die in militärischen und polizeilichen Spezialeinheiten unterrichtet werden. Sie stellen ein Sammelsurium aus den verschiedensten Kampfsporttechniken dar und zeichnen sich dadurch aus, dass sie praxisbezogen, effektiv und einfach zu erlernen sind. Kombiniert werden hier Techniken aus den Jui-Juitsu, Boxen, Thaiboxen, Ringen und Judo. Der Kampf gegen bewaffnete Gegner ist ebenso Teil der Ausbildung wie auch der Kampf gegen eine Überzahl an Gegnern.
Das schwache Geschlecht
Frauen sind ihrem Gegner häufig körperlich unterlegen und die Wahl der Selbstverteidigung sollte dem Rechnung tragen. Boxen, Taekwondo oder Judo sind denkbar unpassend. Am besten geeignet für Frauen ist das chinesische Wing Chun. Wing Chun ist eine spezielle Form des Kung Fu. Angeblich von einer Shaolin-Nonne erfunden, werden die effektivsten Kombinationen verschiedener Kung Fu Richtungen, zu einem System zusammengefügt. Die meisten Selbstverteidigungskurse für Frauen beruhen auf den Techniken des Wing Chun. Es ist auf den Nahkampf ausgerichtet, auch ohne besondere körperliche Voraussetzungen schnell zu erlernen und dabei hocheffektiv. Das Ausnutzen des Überraschungsmomentes und die sofortige Kampfunfähigkeit des Gegners sind charakteristisch für diese Kampfkunst. Der Nachteil der körperlichen Unterlegenheit einer Frau, wird zum Vorteil.
Ungeeignet für ungeübte
Kampfkünste wie Aikido, Takewondo oder Thai Chi sind für den Straßenkampf nicht geeignet. Um diese optimal einsetzen zu können ist jahrelanges Training unerlässlich. Selbst dann ist man für den schmutzigen Kampf auf der Straße nicht wirklich vorbereitet. Bei Vorführungen wirken diese Künste schnell beeindruckend auf das Publikum. Allerdings ist das Regelwerk viel zu eng gehalten, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Die spirituelle Komponente von Aikido oder Thai Chi ist allerdings gar nicht hoch genug einzuschätzen. Wer einfach mal vom Alltag abschalten und seinen Stress bekämpfen möchte, ist bei diesen Kampfkünsten an der richtigen Adresse.
Rechtliche Bedeutung
Das Betreiben von Kampfsport verändert die juristische Einschätzung einer Notwehrsituation. Sollte der Angreifer bei erfolgreicher Abwehr verletzt werden, droht eine Anzeige wegen Körperverletzung. Der Notwehrparagraph gibt vor die mildesten Mittel zu wählen, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwenden. Der Gesetzgeber unterstellt einer in Kampfsport geübten Person, dass diese aufgrund des Trainings eher in der Lage ist, eine bedrohliche Situation richtig zu beurteilen, und die Wahl der Mittel dieser Situation anzupassen. Es gibt Fälle von Frauen, die die Angriffe mehrerer Männer abwehrten, und später erfolgreich auf die Zahlung von Schmerzensgeld verklagt wurden. Ähnlich wie in einer Einbruchssituation so ist man paradoxer Weise auch hier, für die körperliche Unversehrtheit des Gegenübers mitverantwortlich. So be prepared.
Die Zeiten sind rauher geworden, Selbstverteidigung ist heute leider ein absolutes Muss. Schon im Kindesalter sollte man damit beginnen. LG